Behörden müssen viele Veranstaltungen zur Eindämmung der Corona Pandemie absagen. In § 28 I IfSG wird dieses Verbot von Veranstaltungen mit dem erhöhten Infektionsrisiko begründet. Die Verbote werden von den Gesundheitsämtern vor Ort ausgesprochen. Fraglich ist, welche Konsequenzen die Absage einer Veranstaltung – beispielsweise für einen Workshop eines Unternehmens – nach sich zieht. Dabei muss unterschieden werden, ob eine Veranstaltung vor oder nach dem 08. März 2020 gebucht wurde.
Haben die Veranstaltungsteilnehmer die Gebühren bereits gezahlt stellt sich die Frage, ob das Unternehmen die Gebühren zurückerstatten muss.
Wird eine Veranstaltung aufgrund der Corona-Pandemie von einer Behörde verboten, kann dies als ‚Höhere Gewalt‘ eingestuft werden. Die Leistung (z. B. den Workshop) dann zu erbringen, ist für das Unternehmen somit rechtlich unmöglich (nach § 275 I Alt. 2 BGB). Entfällt jedoch die Leistung, muss auch keine Gegenleistung erbracht werden (§ 326 I 1 Hs. 1 BGB). Wurden Teilnahmegebühren bereits entrichtet, sind diese mithin gemäß §§ 326 IV, 346 I BGB zurückzuerstatten. Regelungen in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die dem zuwiderlaufen, entfalten nach § 307 II Nr. 1 BGB regelmäßig keine Wirksamkeit.
Das Unternehmen muss jedoch keinen Schadensersatz für Reisekosten oder ähnliches leisten. Schließlich hat der Unternehmer keine Möglichkeit der Einflussnahme auf das Infektionsgeschehen und die damit einhergehenden Verbote von Veranstaltungen. Den Unternehmer trifft im Fall einer behördlichen Untersagung kein Verschulden.
Zudem wurde im Mai 2020 ein Gesetz auf den Weg gebracht, das für manche Veranstaltungen statt einer Rückerstattung auch das Ausstellen eines Gutscheins möglich macht. Ein Gutschein (statt Geld) muss akzeptiert werden, wenn die Veranstaltung vor dem 8. März 2020 gebucht wurde. Das Gesetz gilt somit rückwirkend. Der Besucher kann den Gutschein ablehnen und das Geld zurückverlangen, wenn es ihm persönlich nicht zuzumuten ist, den Gutschein anzunehmen oder wenn er ihn bis zum 31.12.2021 nicht nutzen kann.
Nicht von der Gutscheinregelung betroffen sind jedoch Workshops oder Seminare zur beruflichen Weiterbildung. Hier muss weiterhin das Geld zurückerstattet werden.
Auch hier ist die Leistung durch den Unternehmer aufgrund der behördlichen Untersagung unmöglich geworden (§ 275 I BGB). Die Gutscheinregelung gilt grundsätzlich nur für Buchungen vor dem 08. März 2020 (siehe oben). Die Teilnahmegebühr muss in jedem Fall zurückerstattet werden.
Hat der Unternehmer eine Räumlichkeit für seine Veranstaltung vor März 2020 angemietet, konnten weder er noch der Vermieter wissen, dass die Veranstaltung behördlich verboten würde. Zunächst muss mit Blick auf den konkreten Mietvertrag und etwaige „Force Majeure“-Regelungen („Höhere Gewalt“) in jedem Fall einzeln beurteilt werden, ob an dem Mietvertrag festzuhalten ist.
Der Veranstalter/Unternehmer hat infolge des Veranstaltungsverbots kein Interesse mehr an dem Raum. In Betracht käme daher auch eine Kündigung oder Vertragsanpassung aufgrund des Wegfalls oder aufgrund der Änderung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB). Die Pandemie und das damit einhergehende Veranstaltungsverbot stellen eine Entwicklung dar, die weder Mieter noch Vermieter vor dem Monat März 2020 vorhersehen konnten. Der Vertrag wäre, mit dem Wissen um ein künftiges Veranstaltungsverbot, vermutlich nicht geschlossen worden. Der Unternehmer hat keine Möglichkeit, dem Verbot durch die Behörden entgegenzuwirken.
Somit könnte der Vertrag angepasst oder falls dies nicht möglich ist, gekündigt werden. Der Unternehmer sollte eine außerordentliche Kündigung des Mietvertrags für den
Veranstaltungstag schriftlich an den Vermieter richten. Der Mietvertrag besteht im Fall einer Kündigung nicht länger und die gegenseitigen Pflichten von Vermieter und Mieter/Unternehmen entfallen. Den Unternehmer trifft mithin keine Zahlungspflicht.
Problematisch ist, ob der Unternehmer den Vertrag auch kündigen könnte, wenn er den Raum nach dem Monat März, und somit in Kenntnis der Auswirkungen der Corona-Pandemie, angemietet hat. In diesem Fall wird der Vermieter in dem Vertrag (in Anbetracht der Lage) voraussichtlich Rücktrittsrechte vorgesehen haben. In diesem Sinne könnte der Unternehmer aufgrund vertraglicher Rücktrittsrechte eine Mietzahlung umgehen. Verträge sollten nun mit Blick auf mögliche behördliche Veranstaltungsverbote geschlossen werden, damit im Ernstfall einfache Stornierungsmöglichkeiten bestehen. Eine Vertragsanpassung oder Kündigung wegen Änderung der Geschäftsgrundlage wäre zu diesem Zeitpunkt schlecht begründbar, da die Situation für beide Vertragsparteien nicht mehr überraschend war.
Für Aufenthalte in Risikogebieten droht mancherorts eine vierzehntägige Quarantäne. Daher möchten Teilnehmer eines Workshops, der in einem Risikogebiet stattfinden soll, möglicherweise von ihrer Teilnahme zurücktreten.
Personen, die fürchten sich mit Corona zu infizieren und daher Veranstaltungen absagen, erhalten die Gebühren nicht zurückerstattet. Ein freiwilliges Entgegenkommen des Veranstalters ist die einzige Möglichkeit, das Geld zurückzuerhalten. Wie ist es rechtlich zu bewerten, wenn Teilnehmer sich weigern an Veranstaltungen teilzunehmen, weil der Veranstaltungsort als Risikogebiet (z. B. Berliner Stadtteile) eingestuft wurde.
Wenn der Veranstalter nicht absagt, kommt er seiner Leistungspflicht nach. Mithin entsteht kein Anspruch auf Rückerstattung der Gebühr. Besteht die Leistung, muss der Teilnehmer auch eine Gegenleistung erbringen. Die Leistung ist nicht gemäß § 275 BGB unmöglich geworden.
Die Geschäftsgrundlage könnte jedoch gemäß § 313 BGB weggefallen sein oder sich geändert haben. Der Veranstaltungsort ist zum Risikogebiet erklärt worden. Der Teilnehmer hätte den Vertrag nicht geschlossen, wenn ihm dies vorher bekannt gewesen wäre. Für die Anwendung des § 313 BGB müssten sich Umstände geändert haben, die nicht unmittelbar Vertragsbestandteil geworden sind, aber den Vertrag dennoch begründet haben. Die Corona-Pandemie war für niemanden vorhersehbar. Eine vierzehntägige Quarantäne ist einem Teilnehmer nicht zumutbar. Schließlich kann es sein, dass er in dieser Zeit arbeiten müsste. Die Corona-Pandemie und damit einhergehende Quarantäne-Regelungen stellen eine Änderung der Geschäftsgrundlage dar. Das Risiko der Corona-Pandemie und einer möglichen Quarantänepflicht liegen nicht im Bereich des Teilnehmers. Somit ist eine Anpassung des Vertrags möglich. Sollte dies nicht ausreichen, kommt auch eine Kündigung in Betracht.
Die Leistung ist auch nach dem Monat März 2020 für den Unternehmer nicht unmöglich geworden. Lt. §275 BGB erfolgt auch hier keine Rückerstattung der Teilnahmegebühr, da die Corona-Lage bereits für beide Parteien abzuschätzen war und im Vertrag mit einbezogen werden konnte. Eine Störung der Geschäftsgrundlage nach § 313 BGB kann hier nur schwer begründet werden. Manche Unternehmen sehen in ihren geänderten AGB nun vor, Veranstaltungstermine kostenlos umzubuchen; insbesondere dann, wenn Personen aufgrund einer drohenden Quarantäne auf eine Veranstaltung im Risikogebiet vorerst verzichten wollen.
Wenn Präsenzveranstaltungen nicht möglich sind, können Unternehmer sich mit digitalen Veranstaltungen behelfen. Dabei können die Termine eingehalten werden. Problematisch ist, ob in diesem Fall die volle Teilnehmergebühr behalten werden darf.
Die Leistung wird durch die digitale Verwirklichung nicht unmöglich gemäß § 275 I BGB. Die Veranstaltung kann sogar live stattfinden. Jedoch müssen die Teilnehmer mit ausreichenden technischen Geräten ausgestattet sein. Dann findet die Veranstaltung zwar in einem anderen Rahmen statt, muss aber nicht ausfallen. Online können meist die gleichen Inhalte wie bei einem gewöhnlichen Präsenzworkshop vermittelt werden. Der Unternehmer kann die volle Gebühr behalten.
Auch bei Veranstaltungen, die nach dem Monat März 2020 gebucht wurden, kann die volle Gebühr durch den Unternehmer behalten werden.
Hat das Gesundheitsamt Veranstaltungen von Unternehmen aufgrund der Corona-Pandemie abgesagt, müssen Unternehmer die Teilnahmegebühr – aufgrund der Unmöglichkeit durch ‚Höhere Gewalt‘ – zurückerstatten (§§ 275 I Alt. 2 i.V.m. 326 I, IV, 346 I BGB). Bei Veranstaltungen, die vor dem 8. März 2020 gebucht wurden, muss der Teilnehmer einen Gutschein (statt Geld) akzeptieren. Bei Veranstaltungen, die in beruflichem Kontext stehen, gilt jedoch weiterhin, dass das Geld zurückerstattet werden muss.
Wenn Veranstaltungen ausfallen, werden meist auch die dafür angemieteten Räumlichkeiten nicht mehr gebraucht. Der Unternehmer, dessen Workshop behördlich untersagt wurde, kann den Mietvertrag nach § 313 BGB kündigen und muss kein Geld zahlen. In Anbetracht der unsicheren Corona-Lage können zudem schon im Mietvertrag Rücktrittsrechte festgelegt werden. Auch durch vertraglich festgesetzte Rücktrittsrechte kann der Unternehmer von Mietzahlungen freigestellt werden.
Von Veranstaltungen in Risikogebieten möchten Personen, die sich danach in eine vierzehntägige Quarantäne begeben müssen, oftmals zurücktreten. Hier kann bei Buchungen vor dem Monat März 2020 auch auf die Regelung des § 313 BGB zurückgegriffen werden. Die Corona-Pandemie und etwaige Quarantänepflichten gelten als Umstände, die für den Vertragsschluss relevant waren und sich drastisch geändert haben. Ein Verschulden liegt weder beim Veranstalter, noch bei den Veranstaltungsteilnehmern. Daher müssen die Teilnehmer die Gebühren zurückerstattet bekommen.
Nach dem Monat März 2020 war mit Quarantäne-Maßnahmen zu rechnen, wodurch § 313 BGB nicht mehr anwendbar ist. Sagt der Teilnehmer eine Veranstaltung ab, die er nach dem Monat März 2020 gebucht hat, kann er die Gebühr nicht zurückerstattet bekommen. Allerdings können Unternehmen in AGB festlegen, dass die Teilnehmer kostenfrei umbuchen können. Hier kommt es somit auch auf die Kulanz des Unternehmens an.
Durch die Untersagung von Präsenzveranstaltungen haben viele Unternehmen auf digitale Angebote umgestellt. Dabei wird die gleiche Leistung online erbracht. Daher kann das Unternehmen die volle Gebühr verlangen.