Upload-Filter – Was müssen Unternehmer tun?
Am 01.08.2021 ist das neue Urheber-Diensteanbieter-Gesetz (kurz UrhDaG) in Kraft getreten. Mit dem UrhDaG hat der deutsche Gesetzgeber die EU-Urheberrechtsreform von 2019 – konkret Artikel 17 der DSM-Richtlinie (Richtlinie über das Urheberrecht und verwandte Schutzrechte im Digitalen Binnenmarkt) – in deutsches Recht umgesetzt. Doch was bedeutet das konkret für Unternehmen?
An wen richten sich die neuen Regelungen?
Das UrhDaG richtet sich ausschließlich und unmittelbar an Upload-Plattformen. Diese Upload-Plattformen sind Diensteanbieter im Sinne von § 2 Abs. 1 UrhDaG. Ihr Hauptzweck besteht darin, „eine große Menge an von Dritten hochgeladenen urheberrechtlich geschützten Inhalten zu speichern und öffentlich zugänglich zu machen“ und diese Inhalte mit Gewinnerzielungsabsicht zu organisieren und zu bewerben und mit anderen Anbietern in Konkurrenz um die gleiche Zielgruppe zu treten (§ 2 Abs. 1 UrhDaG).
Diese etwas sperrige Beschreibung lässt sich konkret auf die bekannten Plattformen übertragen: YouTube, Facebook, Instagram, Twitch und TikTok, deren Dienste darin bestehen, dass Nutzer Inhalte hochladen können und diese Inhalte einem breiten Publikum öffentlich zugänglich gemacht werden.
Wer nicht betroffen ist, regelt § 3 UrhDaG. Darunter fallen dürfte Wikipedia (§ 3 Nr. 1 UrDaG „nicht gewinnorientierte Online-Enzyklopädie“) aber auch Amazon, ebay (Kleinanzeigen) und etsy (§ 3 Nr. 5 UrhDaG „Online-Marktplätze“) sowie WhatsApp, Telegram, Signal (§ 3 Nr. 4 UrhDaG „Anbieter elektronischer Kommunikationsdienste“) und Cloud-Dienste wie Dropbox oder iCloud, sowohl im B2B-Bereich zwischen Unternehmen als auch im B2C-Bereich zwischen Nutzern und Unternehmen (§ 3 Nr. 6, 7 UrhDaG).
Eine weitere Ausnahme gilt für kleine Plattformen (weniger als 1 Mio. Euro Umsatz innerhalb der EU) und Start-Ups (jünger als 3 Jahre, max. 10 Mio. Umsatz innerhalb der EU, im Durchschnitt max. 5 Mio. Nutzer pro Monat). Dies regelt §§ 2 Abs. 2, 7 Abs. 4 UrhDag.
Was genau regelt das UrhDaG?
Das neue Gesetz regelt, dass die Diensteanbieter, also die oben genannten Upload-Plattformen, urheberrechtlich verantwortlich sind für die Inhalte, die Nutzer bei Ihnen hochladen. Die Plattformen – nicht die Nutzer und nicht die Urheber – müssen dafür Sorge tragen, dass alle Inhalte, die auf ihren Seiten veröffentlicht werden, mit dem Urheberrecht in Einklang stehen. Die Inhalte müssen also entweder urheberrechtlich lizenziert oder gesetzlich erlaubt sein.
Bisher galt der Grundsatz, dass der Urheber bzw. die von ihm ermächtigten Nutzungsberechtigten dafür verantwortlich waren, dass Verletzungen ihrer Inhalte anzuzeigen sind und diese unterbinden zu lassen.
Die Plattformen konnten dabei bisher lediglich als „mittelbare Störer“ in Anspruch genommen werden, wenn sie auf den Rechtsverstoß hingewiesen wurden und den in Frage stehenden Inhalt nicht umgehend entfernt haben. Eine Haftung kam nur in Betracht, wenn die Plattformen von anderer Seite auf Rechtsverletzungen hingewiesen wurden. Sie mussten diese aber nicht aktiv suchen und unterbinden.
Welche Konsequenzen haben die neuen Regelungen?
Die betroffenen Plattformen müssen ab sofort sicherstellen, dass urheberrechtlich geschützte Inhalte von ihren Nutzern nicht hochgeladen werden, wenn keine Einwilligung des Urhebers oder seines Nutzungsberechtigten (Lizenz) oder eine gesetzliche Erlaubnis vorliegt.
Pre-Check
Der Diensteanbieter, also die Upload-Plattform muss – bevor ein entsprechender Inhalt hochgeladen wird – prüfen, ob ein Unterlassungsverlangen des Urhebers vorliegt und ob eine zur Verfügung gestellte Referenz zum Abgleich der Inhalte vorliegt.
Der Plattformbetreiber prüft außerdem, ob er selbst eine Lizenz des Urhebers erworben hat. Partner für die Lizenzen werden in den allermeisten Fällen die Verwertungsgesellschaften sein, zum Beispiel die GEMA.
Soweit ein Unterlassungsverlangen des Urhebers oder Rechteinhabers vorliegt und die Plattform keine Lizenz erworben hat, muss der Plattformbetreiber den Nutzer gemäß § 11 Abs. 1 UrhDaG auf ein Blockierverlangen des Rechteinhabers hinweisen und darauf, dass für den betreffenden Inhalt eine Erlaubnis erforderlich ist.
Soweit der Upload des fraglichen Inhalts gesetzlich erlaubt ist (§ 5 UrhDaG), zum Beispiel im Falle von Zitaten, Karikaturen, Parodien, Pastiches, muss dieser vom Diensteanbieter öffentlich zugänglich gemacht werden. Er ist dem Urheber jedoch zu vergüten (§ 12 Abs. 1 UrhDaG). Hiermit soll ein „Overblocking“ verhindert werden, also die übermäßige Blockierung von Inhalten „zur Sicherheit“.
Upload-Filter und Pre-Flagging
Weitaus umstrittener sind die als „Upload-Filter“ in die Schlagzeilen geratenen technischen Möglichkeiten, die die Plattformen anwenden werden, um die Masse an Inhalten aktiv nach Urheberrechtsverstößen durchsuchen zu können. Problematisch an ihnen ist, dass sie nur objektiv beurteilen können, ob ein urheberrechtlich geschützter Inhalt vorliegt. Eine möglicherweise zulässige Nutzung, insbesondere relevant bei Parodien – häufig in Form von Memes – oder parodierten Videos, können sie hingegen nur schwer erkennen.
Der Gesetzgeber ist dieser Problematik wie folgt entgegengekommen :
- Bis zu 15 Sekunden eines Films oder einer Tonspur und 160 Zeichen eines Textes sowie Bilder bis 125 kb gelten als geringfügige Nutzung und sind gesetzlich erlaubt (§ 10 UrhDaG). Sie werden nicht herausgefiltert werden.
- Darüber hinaus soll es das sogenannte „Pre-Flagging“ geben. Nutzer können über diesen Weg den Inhalt als gesetzlich erlaubt markieren, beispielsweise wenn es sich um Parodien oder Karikaturen handelt, oder entsprechende Lizenzen vorliegen.
Vorsicht bei kommerzieller Nutzung!
Wer allerdings den Social Media-Auftritt nicht rein privat nutzt, muss sich weiterhin um Lizenzen der Rechteinhaber bemühen. Denn die Ausnahme der geringfügigen Nutzung gilt für kommerzielle Nutzer nicht.
Zwar bestimmt § 6 Abs. 1 UrhDaG, dass eine Erlaubnis des Diensteanbieters sich auf den Nutzer erstreckt – allerdings nur soweit dieser nicht kommerziell handelt oder keine erheblichen Einnahmen durch die Veröffentlichung erzielt.
Verfügt dagegen der Nutzer über eine Erlaubnis, d. h. eine Lizenz, wirkt diese auch für den Diensteanbieter, also die Plattform. Die vorhandene Lizenz kann über das sogenannte „Pre-Flagging“ dem Plattformbetreiber angezeigt werden.
Wer also Social Media-Accounts oder YouTube kommerziell nutzt oder durch die Nutzung erhebliche Einnahmen generiert (wohl mehr als 1.000 Euro monatlich, einschließlich Sachgüter), was vor allem Influencer und Streamer (be-)treffen dürfte, muss sich also weiterhin um eigene Lizenzen bemühen. Diese können dann wohl über das „Pre-Flagging“ oder „Rights Manager“ angezeigt werden.
Wie die Umsetzung in der Praxis tatsächlich aussieht, bleibt offen. YouTube wird ein entsprechendes „Pre-Flagging“-Tool einführen, in dem Nutzer erlaubte Nutzungen (sei es durch Gesetz oder eigene Lizenz) anzeigen können. Facebook verweist auf den bestehenden Rights Manager
Was ist bei Verstößen zu tun?
Ist man selbst Urheber von geschützten Werken und stellt einen Rechtsverstoß fest, den man unterbinden lassen möchte, bietet sich dafür das freiwillige Beschwerdeverfahren an (§§ 14, 15 UrhDaG).
Nach § 14 UrhDaG sind die Diensteanbieter verpflichtet, ein Beschwerdeverfahren anzubieten, über das sich sowohl die Urheber gegen Rechtsverstöße wenden können, als auch Nutzer gegen unberechtigte Blockierungen.
Das Verfahren muss innerhalb einer Woche abgeschlossen werden, wobei allen Beteiligten zügig Gelegenheit zur Stellungnahme einzuräumen ist. Das Verfahren wird von einer Beschwerdestelle des Diensteanbieters betreut und entschieden. Während das Verfahren läuft, wird der in Frage stehende Inhalt vorläufig gesperrt, so dass das Verfahren auch als „Red Button“ bezeichnet wird.
Sollte das Verfahren ohne Erfolg bleiben oder sollte nicht lediglich die Blockierung des Inhalts begehrt, sondern beispielsweise Schadensersatz verlangt werden, steht der Weg zu den Gerichten offen.
Konkret bedeutet das: Wird z. B. ein urheberrechtlich geschütztes Bild ohne Lizenz und außerhalb einer gesetzlichen Ausnahme auf einer Plattform (z. B. Facebook) veröffentlicht, kann sich der Rechteinhaber des Bildes an die Beschwerdestelle bei Facebook wenden und die Blockierung des Inhalts verlangen.
Facebook wird innerhalb einer Woche die Stellungnahme desjenigen einholen, der das Bild veröffentlicht hat und bewerten, ob eine Berechtigung zur Veröffentlichung vorlag. Andernfalls wird Facebook das Bild blockieren.
Auch Nutzern, die Inhalte hochladen, steht das Beschwerdeverfahren nach § 14 UrhDaG zur Verfügung, wenn ein veröffentlichter Inhalt blockiert wird.
Fazit
- Plattformbetreiber sind verpflichtet, Urheberrechtsverstöße aktiv zu verhindern, z. B. mittels Upload-Filter
- Die gesetzlich erlaubten geringfügigen Nutzungen (§ 10 UrhDaG, 15 Sekunden-Regel für Film- und Tonspuren, 160 Textzeichen, 125 kb Bildmaterial) gelten nicht im kommerziellen Kontext. Unternehmen brauchen auch weiterhin Lizenzen, wenn sie urheberrechtlich geschützte fremde Inhalte veröffentlichen.
- Neben einem gerichtlichen Rechtsschutz bieten die Plattformbetreiber ein kurzfristiges Beschwerdeverfahren an. Dieses zielt darauf ab, Verstöße leicht zu beheben und führt zur vorläufigen Sperrung des in Frage stehenden Inhalts („Red Button“) – soweit nicht nach §§ 9 – 11 UrhDaG die Erlaubnis gesetzlich vermutet wird.